Fëdor Ivanovič Tjutčev, wie man den Namen Фёдор Иванович Тютчев wissenschaftlich korrekt transkribiert, stammte aus dem russischen Owstug (bei Brjansk), studierte in Moskau und kam dann über St. Petersburg im Jahr 1822 nach München, wo er im diplomatischen Dienst tätig war. Er ging hier eine Beziehung mit Amalie von Lerchenfeld (1808-1888) ein, welche ihn zu verschiedenen Gedichten inspirierte. Unter dem Druck der Verwandtschaft heiratete sie aber einen anderen Mann, was Tjutčev verständlicherweise frustrierte. Die Notizen und Briefe ihres Bruders Maximilian von Lerchenfeld aus dieser Zeit geben auch viel aus Tjutschew Diplomatenzeit in München wieder. Er heiratete später mehrfach. Wie innig aber die Beziehung der zu v. Lerchenfeld war, zeigt die Tatsache, dass sie ihn noch sechzig Jahre später an seinem Totenbett in Sankt Petersburg besuchte.
In München kam Tjutschew in Berührung mit der deutschen Romantik, lernte zudem Heinrich Heine und Friedrich von Schelling persönlich kennen. Im Jahr 1836 wurden seine Gedichte von Puschkin gefördert veröffentlicht, doch gab es darauf wenig Resonanz und er verstummte für mehr als zehn Jahre, was auch mit seinem Umzug nach Turin (1837) und dem Tod seiner zweiten Frau (1838) zusammenhängen dürfte, mit der er auch ein Kind gezeugt hatte. Da es ihm in Turin nicht gefiel, verzichtete er auf eine politische Position und ging zurück nach München, wo er weitere fünf Jahre lebte, bis er 1844 er nach Russland zurückkehrte.
In der russischen Hauptstadt Sankt Petersburg wurde er bald zum Zensor ernannt. Er reiste viel durch Mitteleuropa, war als Übersetzer (Heine, Goethe, Schiller) tätig und veröffentlichte weitere Gedichtbände, die ab dem Jahr 1861 auch ins Deutsche übersetzt wurden. Trotz seiner enormen Begabung waren Tjutschew seine Gedichte nicht sonderlich wichtig. Er verfasste Hunderte davon, verlor aber auch viele wieder und selbst das Lob durch Nekrassow und eine Herausgabe (1854) durch Turgenjew änderten nicht viel daran. Als kreativste Phase gilt seine mehr als zwanzig Jahre dauernde Beziehung zu Elena Denisyeva, die ihm drei Kinder gebar und im Jahr 1864 an Tuberkulose starb. Zu Lebzeiten wenig durch die russische Öffentlichkeit beachtet, ist er heute einer der meistzitierten Autoren, was bereits durch russischen Naturalisten wie Blok initiiert wurde.
An seinem Wohnhaus in München, dem vorherigen Gregorianischen Seminar in der Herzogspitalstraße, erinnert eine Gedenktafel an ihn, im Dichtergarten wurde zudem ein Bronzestandbild für den russischen Dichter aufgestellt. Die Tafel berichtet in russischer und deutscher Sprache:
In diesem Haus hat in den
Jahren 1822-1837 und 1839-1844
der hervorragende
russische Dichter und Diplomat
Fjodor Iwanowitsch
Tjutschew
gearbeitet.